Knabenstimmen rühren die Herzen

Knabenstimmen rühren die Herzen

Weihnachtskonzert des Dresdner Kreuzchors in der Stadtpfarrkirche St. Martin

Nach zweimaligem coronabedingtem Aufschub konnte der berühmte Dresdner Kreuzchor endlich sein Weihnachtskonzert in der Stadtpfarrkirche St. Martin vortragen. Der Kreuzchor hat eine sehr lange Tradition. Schon acht Jahrhunderte lang bewegt und erfreut er die Menschen.

Die 69 Knaben und jungen Männer von neun bis 19 Jahren sind Sänger der Spitzenklasse und haben Weltklasseniveau. Regelmäßige Auftritte in der Dresdner Kreuzkirche und der Semperoper stehen neben Auftritten in internationalen Opernhäusern und Kirchen auf der ganzen Welt.

Der Chor, unter der neuen Leitung des Kreuzkantors Martin Lehmann , gastierte auf Einladung der Stiftung St.-Martins-Chorknaben Biberach. Dessen Vorsitzender, Johannes Walter, begrüßte zu Beginn den Chor und die große Zahl der Zuhörer, die die Kirche fast gänzlich füllten. Die musikalische Einstimmung besorgte Johannes Striegel auf der Orgel mit „Introduction-Choral“ (aus der Suite Gotique) von Leon Boellmann (1862-1897).

Auch zwischendurch konnte man Striegel noch zweimal auf der Orgel hören. Klangschön und passend zum Gesamtprogramm erklangen drei Choralvorspiele mit weihnachtlichen Chorälen, später das Allegretto (1. Satz der Sonate Nr. 1) von Justus Heinrich Knecht . Diese Orgelstücke waren Abwechslung und klangliche Erweiterung zugleich und ergänzten den Chorklang vortrefflich.

Ganz ungewöhnlich für ein Chorkonzert platzierte sich der Kreuzchor, gut gestaffelt, weit hinten im Chorraum. Trotz der hinteren Aufstellung war die klangliche Qualität und die Textverständlichkeit fabelhaft. Mit bekannten Weihnachtsliedern wie „Macht hoch die Tür“, „Wie soll ich dich empfangen“, „Maria durch ein Dornwald ging“ und „Alle Jahre wieder“ begannen die Kruzianer den ersten Teil ihres Auftritts.

Alle Stücke wurden vierstimmig und a cappella gesungen. Die glockenhellen und klaren Stimmen, besonders der sehr jungen Knaben im Sopran und Alt, lassen einen unverwechselbaren reinen Chorklang entstehen, der den ganzen Kirchenraum ausfüllte. Als Zuhörer ist man geradezu erwartungsfroh gespannt auf die großen Tonhöhen, die, besonders wenn sie im Forte erklingen, ein Klangerlebnis erzeugen, dessen Wirkung sich niemand entziehen kann.

Immer wieder wurden abwechslungsreich und geschickt die Positionen und Funktionen der Sänger gewechselt.

Einzelsolisten aus dem Chor traten nach vorne und sangen mit der Chorbegleitung. In guter Tradition wurde beim „Quempas“ (Satz: Michael Praetorius) ein wunderschöner Raumklang erzeugt, indem vier Dreiergruppen im Kirchenraum verteilt, zwei ganz hinten, mit dem Chor zusammen agierten.

Bei allen gesungenen Stücken war auffallend und bemerkenswert, dass die Tempi und die Lautstärken innerhalb eines Liedes vom Chorleiter sehr variabel und differenziert gestaltet wurden. So wurden die einzelnen Strophen bei „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ mit wechselnden Tempi gesungen und der Schluss wurde beruhigend und langsam ausgesungen. Überhaupt basierte die Klangqualität des Chores zu wesentlichen Teilen auf der sehr gründlichen klanglichen Ausgestaltung der einzelnen Textteile. Diese ging vom Chorleiter Lehmann aus, der dem Chor Zeit gab, die Phrasen auszusingen – und die dafür nötige Zeit zu atmen. Durch sein inspirierendes Dirigat konnte der Chor seine wahren Stärken voll entfalten.

Das „Magnificat“ von Simon Wawer (1979) und weitere zwei Stücke verdienen noch besonders erwähnt zu werden. Das moderne, aber tonal gehaltene Stück, mit strahlenden Sopran-Kantilenen, war ein schöner Ausgleich zu den traditionellen Stücken, ebenso wie „A Hymn to The Virgin“ von Benjamin Britten (1913-1976). Beim „O nata lux“ von Morton Lauridsen (1943) breitete sich am Schluss, durch die sehr lang ausgehaltenen Töne der tiefen Stimmen, unendliche Ruhe aus. Lang anhaltender Applaus und standing ovations nach dem Schlusslied „In dulci jubilo“ führte zur Zugabe „StilleNacht“.

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